Breit gestreut ist halb gewonnen
Gastbeitrag von Julia Groth, Finanzjournalistin
„Diversifikation ist die Grundvoraussetzung für den Anlageerfolg“
Eigentlich sollte über dem Schreibtisch jedes Anlageberaters ein Porträt von Harry Markowitz hängen. Der US-Ökonom gilt schließlich als Begründer der modernen Portfoliotheorie. Deren zentraler Bestandteil ist die Idee der Risikodiversifikation: Streuen Anleger ihr Kapital über mehrere Wertpapiere und Anlageklassen hinweg, können sie ihr Verlustrisiko signifikant senken und so ihre Renditechancen steigern. Zusammengeschnurrt auf eine handliche Börsenweisheit: Man sollte nie alle Eier in einen Korb legen.
Obwohl diese Erkenntnis so alt wie logisch ist, wird Diversifikation in der Praxis allzu oft vernachlässigt. Das liegt zum einen an den Anlegern selbst. Die Deutschen sind nicht gerade als ausgefuchste Investoren bekannt. Viele haben ein Haus, ein Sparbuch oder ein paar Bundesanleihen im Depot, manchmal auch – für deutsche Verhältnisse geradezu wagemutig – eine kleine Aktienposition. Ein breit gestreutes Portfolio sieht anders aus. Mitunter sind es aber auch die Anlageberater, die es versäumen, ihren Kunden ein Portfolio zusammenzustellen, das zu ihrem individuellen Rendite-Risiko-Profil passt. Der Nutzen der Diversifikation basiert darauf, dass sich Anlageklassen wie Aktien, Renten, Währungen und Sachwerte weitgehend unabhängig voneinander entwickeln. Entwickelt sich eine Anlageklasse schlecht, läuft es für eine andere gut. Wer in mehrere Assetklassen gleichzeitig investiert, ist deshalb weniger verlustgefährdet als jemand, der sich nur Aktien oder nur Gold ins Depot legt.
Eine breite Streuung ist kein Wundermittel. Das haben die Krisenjahre 2008 und 2009 gezeigt. Die Korrelationen zwischen einzelnen Anlageklassen nahmen in dieser Zeit deutlich zu, viele Assetklassen entwickelten sich ungewöhnlich ähnlich. Auf lange Sicht ist eine sorgfältige Diversifikation aber für Anleger ein vielversprechenderes Rezept als Bauchgefühl, Expertentipps oder der Versuch, Markttiming zu betreiben, also Wertpapiere zu besonders günstigen Zeiten zu kaufen und zu verkaufen.
Was gehört nun in ein breit diversifiziertes Portfolio? Das lässt sich pauschal nicht sagen, denn es hängt vom Profilrisiko und vom Anlagehorizont des Investors ab. Grundsätzlich gilt ein Portfolio-Kern aus globalen Aktien und Anleihen als solide Basis. Viele Anlageprofis raten überdies, bis zu 10 Prozent des Anlagekapitals in Gold zu investieren. Das Edelmetall soll vor Inflation schützen und in turbulenten Börsenphasen Sicherheit bieten. Eine Anlageklasse, die bei der Diversifikation oft zu kurz kommt, sind Sachwerte. Viele Anleger glauben, diese Kategorie mit Aktien und Gold abzudecken. Das ist allerdings nicht ganz richtig. Aktienkurse spiegeln mitnichten nur materielle Werte wider, sondern auch Wünsche und Hoffnungen – diese sind zu einem großen Teil mit verantwortlich, dass Kurse steigen oder fallen. Der Goldpreis unterliegt ebenfalls psychologischen Effekten.
Überdies entwickelt sich das Edelmetall Studien zufolge eher wie eine Währung als wie ein Rohstoff.
Bei echten Sachwerten sollte die Psychologie keine Rolle spielen. Ihr Wert sollte sich nach Angebot und Nachfrage bemessen, die Nachfrage wiederum realwirtschaftlichen Entwicklungen geschuldet sein. Immobilien zählen demnach zu den Sachwerten, auch Private-Equity-Investments. Der Vorteil solcher Sachwerte ist, dass sie im Gegensatz zu Gold Schutz vor Inflation bieten können. Weil die Inflation zum ersten Mal seit Jahren wieder steigt, rücken Sachwerte verstärkt in den Fokus von Investoren. Zwar können Anleger mit Immobilien & Co. Verluste erleiden, wie mit jeder anderen Anlageklasse auch. Aber: Als Beimischung in einem diversifizierten Portfolio können sie einen wichtigen Beitrag leisten.
Quelle: IQ Investorenblatt 02.2017 Foto: pixabay.com / dawnfu
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