„Es gibt mehr Aufwärts- als Abwärtsrisiken bei der Inflation“
Die US-Notenbank Fed sollte ihren Zinserhöhungskurs beibehalten, mahnt Michael Hasenstab. Der CIO von Templeton Global Macro sieht keine Anzeichen für eine Rezession in den USA und statt Deflationssorgen kümmert ihn eher ein drohender Inflationsanstieg. Die US-Notenbank Fed sollte ihren Zinserhöhungskurs beibehalten, mahnt Michael Hasenstab. Der CIO von Templeton Global Macro sieht keine Anzeichen für eine Rezession in den USA und statt Deflationssorgen kümmert ihn eher ein drohender Inflationsanstieg.
Die Unternehmensgewinne in den USA schwächeln. Viele sprechen bereits von einer Gewinnrezession. Ist diese ein Vorbote für eine erneute Rezession der US-Wirtschaft?
Michael Hasenstab: Keine Frage, die US-Wirtschaft wächst jetzt schon seit vielen Jahren, und das wird nicht immer so weiter gehen. Irgendwann wird es wieder eine Rezession oder zumindest eine Abkühlung geben. Wir sehen aber keine Anzeichen dafür, dass dies dieses Jahr passiert. Die Investitionen, der Wohnungsbau und auch der Konsum sind in zunehmend besserer Verfassung. Keiner der drei Bereiche deutet daraufhin, dass die US-Wirtschaft an der Schwelle zur Rezession steht.
Die Notenbank Fed reagiert dennoch sehr vorsichtig. Der Markt preist zurzeit keine Zinserhöhung mehr für 2016 ein. Welche Auswirkungen hätte eine solche sehr zurückhaltende Zinspolitik für die US-Wirtschaft?
Hasenstab: Der Arbeitsmarkt hat sich erholt und die Marke der Vollbeschäftigung erreicht, oder er ist zumindest sehr nahe dran. Die Wirtschaftsdynamik sieht mit 2 bis 3 Prozent Wachstum ganz vernünftig aus. Dies dürfte eigentlich eine Normalisierung der Zinsen rechtfertigen. Die Zurückhaltung der Fed ist dadurch zu erklären, dass bislang kein Inflationsdruck herrschte und es damit auch keinen unmittelbaren Anlass für Zinserhöhungen gab. Gefahr sehe ich später im Jahr: Wenn die Löhne steigen und sich dazu der Ölpreis stabilisiert, kann es schnell einen Sprung in der Teuerung geben. Da die Fed es als ihre Aufgabe betrachtet, die Inflation zu bekämpfen, könnte diese Entwicklung ihre Glaubwürdigkeit ins Wanken bringen. Bleibt sie nicht auf ihrem moderaten Zinsanhebungskurs, hat sie kein Pulver mehr zum Verschießen, wenn eine Wende im Wirtschaftszyklus eintritt, die Zinssenkungen erforderlich macht. So etwas bereitet dem Markt Sorgen.
Sie sprechen von Inflation. Am Markt herrscht zum Teil Angst vor Deflation. Haben Sie keine Befürchtungen in diese Richtung?
Hasenstab: Aktuell gibt es keine Anzeichen für eine Deflation. Die Inflationsrate ist zwar gesunken, aber vor allem aufgrund des massiven Preiseinbruchs beim Öl. Die Kerninflationsraten weltweit hingegen waren ziemlich konstant über die letzten paar Jahre. Erwarten wir in der Zukunft eine Deflation? Die Produktionslücke weltweit ist derzeit positiv. Daher sehen wir keinen drohenden Deflationsdruck von der Nachfrageseite. Der US-Arbeitsmarkt, der ein Haupttreiber für Inflationstrends in den USA ist, die wiederum die Inflation weltweit beeinflussen, ist zurzeit in bester Verfassung. Wir denken, die Deflationsängste sind nur Ängste und werden nicht von aktuellen Daten gestützt. Sobald der Ölpreiseffekt verschwindet, wird die Inflation anziehen. Kurzum: Die Inflation ist nicht tot, und der Markt preist eine Deflation ein, obwohl es mehr Aufwärts- als Abwärtsrisiken bei der Teuerung gibt. Ich weiß, dies ist eine Meinung abseits des Konsenses, aber der Markt könnte hier überrascht werden.
Trotz Zinsanhebung sind die Renditen für zehnjährige US-Staatsanleihen unter 2 Prozent gefallen. Kann es bis auf 1 Prozent runtergehen?
Hasenstab: Damit es soweit kommt, müsste es schon eine globale Katastrophe geben, etwa eine harte Landung in China oder ein Wachstumsschock in den USA. Aber eine Rendite von 1 Prozent bei der derzeitigen wirtschaftlichen Lage und der Inflationsrate in den USA ergibt überhaupt keinen Sinn.
Und wie sehen Sie die Entwicklung der Staatsanleihen in Deutschland, wo die zehnjährigen Papiere derzeit nur noch mit rund 0,1 Prozent rentieren?
Hasenstab: Wir haben hier keine starke Meinung. Einerseits sind die Bewertungen einfach nur extrem teuer. Andererseits verfolgt die Europäische Zentralbank einen sehr aggressiven Lockerungskurs. Und wir alle wissen, wie schwer es ist, gegen ein Quantitative-Easing-Programm zu kämpfen.
Ihr Ausblick für den Euro war bislang eher negativ. Halten Sie daran fest?
Hasenstab: Ja. Die lockere Geldpolitik hält an. In einigen Märkten kauft die EZB im Rahmen ihres Anleiheprogramms mehr Anleihen als neu emittiert werden. Das drückt die Renditen extrem nach unten. Dieser Renditeunterschied zu Anleihen in US-Dollar kommt dem Euro nicht zugute, und die divergierende Notenbankpolitik sollte den Dollar gegenüber dem Euro weiter aufwerten lassen.
Sehen Sie in Europa denn überhaupt Anlagechancen?
Hasenstab: Zum Beispiel halten wir Polen für wirtschaftlich gut aufgestellt. Das Land hat einen wettbewerbsstarken Arbeitsmarkt. Zwar hat die Politik für etwas Unruhe gesorgt, das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Story. Auch für Serbien sind wir zuversichtlich gestimmt. Das Land hat viele fiskalische und strukturelle Reformen auf den Weg gebracht und begonnen, den staatlichen Sektor aufzuräumen. In den Anleiherenditen spiegelt sich die Aufbruchsstimmung bereits wider. Sie sind aus dem zweitstelligen in den mittleren einstelligen Bereich gefallen. Unser Ausblick bleibt hier aber positiv.
Zum Schluss ein Blick auf den breiten Markt. Wo kommt dieses Jahr der Ertrag für Anleiheinvestoren her?
Hasenstab: Ich denke, 2016 beruht der Anlageerfolg darauf, dass man kein Geld verliert – und dass man tatsächlich Geld verdient, wenn die Zinsen steigen. Aufgrund der anhaltenden exzessiven Geldpolitik seitens der EZB und der BOJ erwarten wir weiteren Rückenwind für den US-Dollar. Global betrachtet könnte die Erholung einiger der angespannten Emerging Markets Währungen, wie beispielsweise in Mexiko oder auch Brasilien, zu einer deutlichen Ertragsquelle führen. Wir können nicht sagen, wann diese stark gefallenen Märkte wieder nach oben schnellen, aber wir sind sehr zuversichtlich, dass es passieren wird und dass das Ertragspotenzial aufgrund der aktuellen Bewertungen groß sein wird.
Quelle: 07.03.2016 Private Banking Magazin
Foto: shutterstock.com |1770634400 | FrankHH
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