„Vom Börsenlärm nicht verrückt machen lassen”

Bert Flossbach hat BWL in Köln studiert und in Inns­bruck pro­moviert. Nach Sta­tio­nen bei der Matusch­ka-Gruppe sowie bei Gold­man Sachs grün­dete er 1998 zusam­men mit Kurt von Storch die Floss­bach von Storch AG. Der Flag­gschiff­fonds Floss­bach von Storch SICAV – Mul­ti­ple Oppor­tu­ni­ties (WKN A0M430) ist inzwis­chen mehr als 15 Mil­liar­den Euro schw­er. Ins­ge­samt ver­wal­tet der Köl­ner Asset-Man­ag­er mehr als 42 Mil­liar­den Euro.

Warum es Zin­sen in abse­hbar­er Zeit nicht mehr geben wird und Spar­er umdenken müssen, ver­rät Dr. Bert Floss­bach, Grün­der und Vor­stand der Floss­bach von Storch AG. Ein Inter­view.

Redakteur: Herr Floss­bach, wie es aussieht, ist die Zin­swende in Europa und auch in den USA erst ein­mal abge­sagt. Sind Sie über­rascht?

Bert Floss­bach: Über­rascht? Wir haben doch schon vor Jahren gesagt, dass der Zins zumin­d­est in Europa auf lange Sicht abgeschafft ist – und unsere Anlages­trate­gie auf dieses Welt­bild abges­timmt.

Redakteur: Damals standen Sie mit Ihrer Mei­n­ung noch ziem­lich allein da…

Bert Floss­bach: …und heute gehören wir wohl zum Main­stream. Immer mehr Men­schen ver­ste­hen, dass die EZB den „Point of no return“ längst über­schrit­ten hat. Beim Start eines Flugzeugs gibt es einen Punkt, ab dem der Startvor­gang nicht mehr abge­brochen wer­den kann. So ist es auch in der Geld­poli­tik.

Redakteur: Haben die Noten­banker mit dem Kauf von Staat­san­leihen Fehler gemacht?

Bert Floss­bach: Nach der Insol­venz von Lehman Broth­ers 2008 stand das Finanzsys­tem kurz vor dem Kol­laps. Es dro­hte eine glob­ale Depres­sion. Da mussten die Noten­banken han­deln. In den fol­gen­den Jahren hat die EZB aber den Ausstieg ver­passt.

Redakteur: Die Fed hat schneller und kon­se­quenter gegenges­teuert, die Banken zwangskap­i­tal­isiert und schon 2016 begonnen, die Zin­sen wieder nach oben zu ziehen. Wie erk­lären Sie die Wende von der Zin­swende in den USA?

Bert Floss­bach: Schon im Herb­st ver­gan­genen Jahres fie­len die Anlei­heren­diten in den USA. Der Markt weiß: Die Fed hat keine Wahl. Auch die größte Wirtschafts­macht der Welt ist nicht allein auf einem anson­sten weit­ge­hend zinslosen und – mal abge­se­hen von Chi­na – wach­s­tum­sar­men Plan­eten.

Redakteur: Welche Instru­mente hat die EZB denn noch in pet­to, und tau­gen sie zum Anschub von Kon­junk­tur und Infla­tion?

Bert Floss­bach: An Kreativ­ität hat es unser­er Noten­bank bis­lang wahrlich nicht geman­gelt. Aber auch Helikoptergeld, also Geld, das die EZB ein­fach an die Haushalte ver­schenkt, ändert am Grund­prob­lem wenig. Die Prob­leme wer­den nur weit­er ver­schärft.

Redakteur: Geben Sie uns ein Beispiel?

Bert Floss­bach: Unternehmen­skred­ite wer­den immer bil­liger. Eine Folge sind Investi­tio­nen und Fir­menüber­nah­men, die sich in einem nor­malen Umfeld niemals rech­nen wür­den. Ver­sicherun­gen, Pen­sion­skassen und andere Großan­leger erwer­ben Anla­gen, die nur schein­bar sichere Erträge ver­sprechen, tat­säch­lich aber riskant und intrans­par­ent sind. Es gibt immer mehr Unternehmen, die nur dank bil­li­gen Fremd­kap­i­tals noch existieren. Das Gle­iche gilt natür­lich auch für viele Euro-Län­der.

Redakteur: Gibt es keinen Ausweg?

Bert Floss­bach: In weni­gen Jahren wer­den prak­tisch für alle Kred­ite, die Pri­vathaushalte, Unternehmen oder Staat­en in der Euro­zone aufgenom­men haben, kaum noch Zin­sen fäl­lig. Wenn sich alle Kred­it­nehmer in diesem Umfeld bequem ein­richt­en, wäre ein deut­lich­er Zin­sanstieg ein Schock. Dann dro­ht ein Crash am Immo­bilien­markt, eine Pleit­ewelle. Die Finanzsta­bil­ität wäre gefährdet. Dies wird die EZB ver­mei­den wollen, „what­ev­er it takes“.

Redakteur: Chris­tine Lagarde, die desig­nierte Nach­fol­gerin von Mario Draghi, hat keine Wahl?

Bert Floss­bach: Als poli­tis­che Beamtin ste­ht sie für Kon­ti­nu­ität in der Geld­poli­tik der Euro­zone. Ihre Nominierung bestärkt uns in der Annahme, dass die EZB auch zukün­ftig alles tun wird, um den Euro zusam­men­zuhal­ten.

Redakteur: Welche langfristi­gen Fol­gen hat eine solche Entwick­lung für die Ver­mö­gen der Bürg­er?

Bert Floss­bach: Seit­dem es keine nen­nenswerten Zin­sen mehr gibt, messen wir einen mas­siv­en Anstieg der Preise für Ver­mö­genswerte. Das ist eine ver­steck­te Infla­tion. Sie fällt wesentlich höher aus als bei den Ver­braucher­preisen. Die lockere Geld­poli­tik hat schon jet­zt weitre­ichen­dere Fol­gen, als viele glauben. Der Zins ist die Grav­i­ta­tion­skraft für die Bew­er­tung aller Kap­i­ta­lan­la­gen. Fällt er weg, fehlt die Ori­en­tierung.

Redakteur: Das Zin­stief dauert nun schon zehn Jahre. Wer sind denn die Gewin­ner, wer die Ver­lier­er?

Bert Floss­bach: Die Auswirkun­gen bekommt jed­er zu spüren. Spar­er, die keine Zin­sen für ihr Geld bekom­men, gehören zu den Ver­lier­ern. Wer in Sach­w­erte wie Immo­bilien oder Unternehmen investiert hat, kon­nte erhe­bliche Ver­mö­gen­szuwächse erzie­len. Mit Blick in die Zukun­ft gibt es aber einen kleinen Unter­schied. Im Ver­gle­ich zu Immo­bilien sind Aktien sehr viel niedriger bew­ertet.

Redakteur: Börse ist ja aber keine Ein­bahn­straße und Stör­feuer gibt es aktuell genug – um nur den Han­del­skon­flikt zwis­chen den USA und Chi­na oder den bevorste­hen­den Brex­it zu nen­nen…

Bert Floss­bach: Die Laut­stärke beim Brex­it ist schon beein­druck­end. Für einen glob­al investieren­den Anleger spielt dieser Kon­flikt aber eine eher unter­ge­ord­nete Rolle.

Redakteur: Was ist denn rel­e­vant?

Bert Floss­bach: Über die expan­sive Geld­poli­tik haben wir ja schon gesprochen. Wirk­lich rel­e­vant kön­nte die Auseinan­der­set­zung zwis­chen den USA und Chi­na wer­den. Wenn Don­ald Trump das Ziel ver­fol­gt, die Hege­monie der Welt­macht USA gegen Chi­na zu vertei­di­gen, dann wäre der Stre­it um Zölle nur ein Ran­daspekt. Ein pro­tek­tion­is­tis­ch­er Mehrfron­tenkrieg, der auch Mexiko und die EU ein­schließt, ken­nt keine Sieger. So etwas kann die glob­alen Wertschöp­fungs­ket­ten zer­stören. Eine weltweite Wach­s­tumss­chwäche wäre die Folge.

Redakteur: Ein real­is­tis­ches Szenario?

Bert Floss­bach: Das kann mit Blick auf den erratis­chen US-Präsi­den­ten Don­ald Trump derzeit wohl nie­mand ser­iös prog­nos­tizieren…

Redakteur: Welchen Rat kön­nen Sie Anlegern dann geben?

Bert Floss­bach: Beson­nen­heit! Lassen Sie sich vom Börsen­lärm nicht ver­rückt machen. Investieren Sie langfristig. Ver­trauen Sie werthalti­gen Invest­ments.

Redakteur: Was sind für Sie „werthaltige Invest­ments“?

Bert Floss­bach: Das sind vor allem Qual­ität­sak­tien von Unternehmen mit Wach­s­tumspoten­zial, hoher Ertragssicher­heit und solid­er Bilanz. Die bieten auf lange Sicht wohl das beste Chance-Risiko-Ver­hält­nis. Gold taugt als Ver­sicherung gegen die bekan­nten und unbekan­nten Risiken unseres Geld- und Finanzsys­tems. Oppor­tunis­tisch aus­gewählte Anlei­hen kön­nen ein Port­fo­lio sta­bil­isieren und bieten immer noch eine Aus­sicht auf pos­i­tive Erträge.

Interview vom 07.08.2019; Quelle: comdirect.de

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